OE (06.06.2003) zu dem Hammerwurf-Meeting in Fränkisch-Crumbach:

Großer Wurf für Fränkisch-Crumbach

Leichtathletik: Hammerwerfer auf Suche nach Ersatz für wegbrechende Austragungsorte im Odenwald fündig geworden

 

Über Fränkisch-Crumbach nach Paris? Tingelei über Dörfer vor dem Großereignis in der Großstadt? Der Abstecher in den Odenwald macht für die deutsche Hammerwurf-Elite allerdings Sinn, denn dort steigt am Pfingstsonntag (ab 9.30 Uhr) einer der wenigen Qualifikations-Wettbewerbe für die Weltmeisterschaft Ende August in der französischen Hauptstadt. Dass sich die deutsche Spitze im Erholungsort des Rodensteiner Landes trifft, liegt nicht an der idyllischen Umgebung, sondern allein an der Initiative des TV Fränkisch-Crumbach, der sich dem wachsenden Notstand bei Ausrichtern entgegenstemmt und ein reines Hammerwurf-Meeting aus der Taufe hob.

„Hier stehen sie im Mittelpunkt, das motiviert allemal mehr, als wenn sie wie sonst nur am Rande mitlaufen“, streicht Organisator Peter Falter die Qualität für die Hammwerfer heraus. Und Frauen-Bundestrainer Michael Deyhle (LG Eintracht Frankfurt) verspricht sich gar „eine Initialzündung“: Einmal für die Leistung der Sportler, denen ein ansprechendes Ambiente geboten werde. Und ebenso für den Veranstaltungsort, wo weitere solche Wettkämpfe stattfinden sollen. Der Trainer, der mit zahlreichen Schützlingen seines Frankfurter Stützpunktes antritt, erwartet in Fränkisch-Crumbach für den Kampf um WM-Normen und -Tickets „ideale Bedingungen“.

Und spannende Wettbewerbe dazu. Vor allem bei den Frauen (ab 15.30 Uhr), die durch den deutschen Rekord der Frankfurterin Susanne Keil (69,69 m) gerade einen Aufschwung erleben. Kurz zuvor hatte schon ihre 19 Jahre alte Klubkollegin Betty Heidler (68,98 m) die WM-Norm (67,50 m) geknackt. Mindestens drei weiteren Athletinnen traut Deyhle dies auch noch zu, darunter der bisherigen Rekordhalterin Kirsten Klose (früher Münchow). Die Olympia-Dritte von Sydney holt nach ihrer Baby-Pause wieder Schwung. Bei den Männern (ab 17 Uhr) wird Ehemann Holger Klose (bisher in dieser Saison 75,34 m/beide Frankfurt) wohl im Schatten von Karsten Kobs (Bayer Leverkusen) stehen. Doch auch dem Exweltmeister fehlt mit der deutschen Saisonbestmarke von 78,91 m noch der große Wurf zur Norm (79,50 m). Ebenfalls Klubkollege Markus Esser (77,42 m).

Mit dem besten deutschen Nachwuchs (ab 9.30 Uhr) kommt eine Lokalmatadorin zum Zug: Peter Falters Tochter Katrin. Für die deutsche B-Jugend-Vizemeisterin, die ebenfalls bei Deyhle trainiert, geht es allerdings im Gegensatz zu den älteren Jahrgängen U 23 und U 20 nicht direkt um EM-Tickets. Sie muss ihre Bestweite von 52,49 m noch einmal bei der Junioren-Gala in Mannheim (21./22. Juni) bestätigen, um sich für die U 18-WM in Kanada zu qualifizieren. Vor eigenem Publikum, so Deyhle, könne sie dafür „Selbstbewusstsein tanken“.

Ähnliches gilt in Fränkisch-Crumbach für die ganze Disziplin, der laut Deyhle „immer mehr traditionelle Wettkampforte wegbrechen – aus ganz ominösen Gründen“. Als Beispiel nennt der Bundestrainer das internationale Pfingstsportfest in Rehlingen, wo die Hammerwerfer bis 2001 Programmpunkt waren. Nach Renovierung des Stadionrasens entschieden die Verantwortlichen jedoch, das Hammerwerfen aus Sorge um den Untergrund zu streichen. Ein Trend bei Sportfesten, auch weil sich das Hammerwerfen aus Sicherheitsgründen schwer mit anderen Wettbewerben kombinieren lässt.

In Fränkisch-Crumbach, wo Wurfdisziplinen Tradition besitzen, fanden Peter Falter und TV-Vorsitzender Karl Vogel Ersatz. Den alten Sportplatz in der Ortsmitte. „Der hat 25 Jahre brach gelegen“, erklärt Falter. Mit einem „Kraftakt“ wurde der Platz hergerichtet – wobei Bürgermeister Gerhard Maser, die Gemeinde, örtliche Bauunternehmen und Vereinsmitglieder halfen. Das Ergebnis macht offenbar Mut. Denn die Verantwortlichen sehen dort nun nicht nur eine einmalige Veranstaltung, sondern bereits ein Trainingszentrum für Wurfdisziplinen. „Wir wollen das Werfermeeting behalten“, kündigt Falter vor der Premiere an, für das er mehrere hundert Zuschauer erwartet. Alles andere müsse man allerdings abwarten.

Volker Bachmann (6.6.2003)
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